Offener Brief an den Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock: Fahrradstadt Rostock erfordert Taten statt Worte!
Da unser Brief vom 12. August 2020 an Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen leider unbeantwortet geblieben ist und trotz seiner vielfachen Ankündigung der „Fahrradstadt Rostock“ keine konkreten Maßnahmen erfolgen, um die Situation für Radfahrer*innen in Rostock zu verbessern und Gefahrenstellen zu beseitigen, sehen wir uns gezwungen, mit diesem Brief an die Öffentlichkeit zu gehen.
Lieber Claus,
8366 Bürger*innen unserer Stadt haben für die Ziele des Radentscheids unterschrieben und fordern die Fahrradstadt Rostock. Auch du bezeichnest die Fahrradstadt Rostock gegenüber der Presse immer wieder als deine wichtigste Priorität. Nicht zuletzt hat die Bürgerschaft der Stadt Rostock im November 2019 den Beschluss gefasst, dass die Stadt Rostock die Ziele des Radentscheids übernimmt und die dir unterstellte Stadtverwaltung mit der Umsetzung beauftragt.
In der ersten gemeinsamen Verhandlungsrunde mit der Stadt habe wir uns gemeinsam auf eine Liste von Sofortmaßnahmen geeinigt, welche schnellstmöglich umgesetzt werden sollen. Wir freuen uns darüber, dass die Verwaltung umstrukturiert und das neue Amt für Mobilität geschaffen wurde, um Rostock schneller und effektiver zur Fahrradstadt zu machen.
Leider hat sich jedoch aus unserer Sicht in den letzten Monaten auf Rostocks Straßen nichts verbessert. Uns ist bewusst, dass die komplette Planung und der Bau eines Radwegs einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Allerdings gibt es zahlreiche Maßnahmen – von denen viele auch als Sofortmaßnahme verabschiedet wurden – die innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen umgesetzt werden könnten. Dazu zählen z.B. Tempo 30 an besonders gefährlichen Straßen ohne einen separaten Radweg (z.B. Carl-Hopp Straße, Hundertmännerstraße), die Aufstellung der neuen Überholverbotsschilder z.B. in der Langen Straße und die Errichtung von Pop-up Bike Lanes unter Nutzung von überflüssigen Pkw-Spuren oder Parkplätzen.
Wir vermissen von der Rostocker Verwaltung ein klares Signal, dass es wirklich ernst gemeint ist mit der Fahrradstadt Rostock. Hierzu zählt zum Beispiel auch, dass Baustellen so abgesichert werden, dass Radfahrer*innen nicht dadurch in Lebensgefahr gebracht werden, dass Schutzstreifen abrupt enden und ein plötzlicher Wechsel in den Kfz-Verkehr nötig ist. Es kann nicht sein, dass solche Selbstverständlichkeiten erst auf massiven öffentlichen Druck hin umgesetzt werden.
Überall auf der Welt und in Deutschland gibt es Städte, die zur Zeit konsequente und mutige Schritte hin zu einer gerechteren Aufteilung des Verkehrsraums und einer lebenswerten Stadt unternehmen. Wie sich in Paris gezeigt hat wird das von den Menschen auch bei Wahlen honoriert. Es ist alleine eine Frage des politischen Willens auch in Rostock endlich mit einer wirklich fahrradfreundlichen Politik zu beginnen.
Wir fordern dich auf, den Bürgerschaftsbeschluss und somit die Ziele des Radentscheids schnellstmöglich umzusetzen.
Ganz konkret haben wir folgende Forderungen:
- Umsetzung der 10 Ziele des Radentscheids
- In Verhandlungen mit der Stadt haben die Stadtverwaltung und Vertreter*innen des Radentscheids, ADFC und des Fahrradforums eine Liste mit Sofortmaßnahmen erarbeitet. Diese Sofortmaßnahmen betreffen akute Gefahrenstellen im Rostocker Verkehr, die wie der Name schon sagt, sofort beseitigt werden müssen. Wir fordern dich auf, die Umsetzung dieser Maßnahmen sofort zu veranlassen.
- Die Schaffung von Pop-Up-Radwegen an Straßen ohne bzw. mit sehr schmalem Radweg: Parkplätze und Kfz-Spuren werden zu Radwegen. Dass diese Pop-Up-Radwege rechtssicher umzusetzen sind, hat mittlerweile auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem aktuellen Gutachten bestätigt.
- Erarbeitung eines Planungsleitfadens für zukünftige Radinfrastruktur in Zusammenarbeit mit Vertreter*innen des Radentscheids, Festlegung von Mindeststandards
- Die Baustellensicherung in Zukunft für Radverkehr und Fußgänger*innen sicher machen. Dazu sollten in Zusammenarbeit mit uns Standards festgelegt werden. Aktuell noch bestehende Gefahren müssen umgehend beseitigt werden.
- Darüber hinaus steht der lange angekündigte Runde Tisch zur Langen Straße aus. Dieser muss umgehend durchgeführt werden. Die Situation in der Langen Straße ist nicht länger haltbar. Bis zur Umgestaltung der neuen Straße muss sofort das neue “Überholen von Radfahrern verboten”-Schild aus StVO-Novelle aufgestellt werden.
Sollten wir bis zum 18.08.2020 keine Antwort von dir erhalten oder sollten sich die Bedingungen für den Radverkehr in den nächsten acht Wochen nicht spürbar verbessern, bleibt uns nur, die Unterschriftensammlung für die Ziele des Radentscheids fortzusetzen und einen Bürgerentscheid herbeizuführen.
Lass Rostocks Radverkehr nicht baden gehen!
Die Vertreter*innen des Radentscheid Rostock