Das Thermometer zeigte 32 Grad im Schatten an, also sich am
Sonntagnachmittag 75 Kinder und Eltern mit Fahrrädern auf dem Doberaner Platz
trafen. Die Kleinsten saßen im Kindersitz oder im Lastenrad, wo auch Puppen und
Kuscheltiere Platz fanden. Etwas größere Kinder radelten sichtlich stolz auf winzigen
Rädern hinter dem Polizeiauto her, das die Fahrraddemo absicherte. Einige Kinder
hatten bunte Schilder gebastelt, auf denen „Ich will sicher zur Schule“ oder „Sichere
Radwege!“ stand.
Wir hatten zu der Fahrradtour speziell für Kinder eingeladen,
um für eine kinderfreundliche Fahrradstadt zu demonstrieren.
Die Kidical Mass ist eine Demo in Anlehnung an die „Critical Mass“. Die Kidical
Mass ist eine Art Critical Mass für Kinder – nur viel kürzer
Bei dieser Aktionsform treffen sich Radfahrer weltweit an
jedem letzten Freitag im Monat, um bessere Radfahrbedingungen einzufordern. Die
Critical Mass ist eine kreative Form des Straßenprotests, bei der sich mehrere
Fahrradfahrer scheinbar zufällig treffen, um gemeinsam durch Städte zu fahren und
nach dem Motto “Wir blockieren den Verkehr nicht – wir SIND Verkehr!” auf ihre
Gleichberechtigung gegenüber dem motorisierten Verkehr aufmerksam zu machen.
Anders als die Critical Mass hatten wir die Kidical Mass jedoch
als Demo angemeldet und wurden somit von mehreren Polizeiautos und -motorrädern
begleitet. Auch Kinder unter acht Jahren konnten teilnehmen, die sonst nicht auf der
Fahrbahn fahren dürfen. Da zwei Kilometer für die jüngsten Teilnehmer nicht wenig
sind, fuhren die Radfahrer ein sehr niedriges Tempo um die 12 km/h So konnten alle
Kinder mithalten – egal, ob im Lastenrad, auf dem Kindersitz, im
Fahrradanhänger oder schon auf dem eigenen Fahrrad.

Kinder und Erwachsene fuhren gemeinsam eine gemütliche und
kinderfreundliche Route durch Rostock. Vom Doberaner Platz ging es laut
klingelnd über den Kabutzenhof zum Holbeinplatz. Vor dem Ostseestadion legten die
großen und kleinen Radfahrer eine Trinkpause ein, bevor es zur Polizeiwache in der
Ulmenstraße ging. Das Ziel war nicht zufällig gewählt, denn hier gab
es auf Höhe der S-Bahn-Brücke früher eine Ampel. Die ist nun weg, was es für
Kinder viel gefährlicher macht, die Ulmenstraße zu überqueren. Wir brauchen aber
einen sicheren Übergang, weil hier ein Schulweg ist!

So sahen das auch die teilnehmenden Eltern, die teilweise von haarsträubenden Situationen berichteten, die
sie im Rostocker Verkehr erlebten.

Trotz der sengenden Hitze herrschte unter den radelnden Kindern eine tolle
Stimmung: Sie klingelten, spielten im Lastenrad sitzend Mundharmonika, sangen
und riefen lautstark „Fahrradstadt – Rostock!“ Am Ende der Demo hoben einige
Kinder wie bei einer echten Critical Mass ihr Fahrrad für das Abschlussfoto über den
Kopf. Dann winkten sie den drei Polizeimotorrädern hinterher und fuhren nach Hause
– nun wieder auf dem Gehweg.